Das ist auch gut so. Fliegen musste leistbar werden. Hätten die Lufthansa und AF/KLM,… so weitermachen können wie bisher würde man nur Monopole vorfinden, Preise wären viel zu hoch und der Service würde nachlassen, da es sowieso egal ist, wenn man keinen Mitstreiter auf der Strecke hat. Jetzt müssen Airlines sehen, wie sie Passagiere anlocken und somit ergeben sich dadurch Vorteile für den Konsumenten. Germanwings, Transavia,Vueling,… All diese Airline würden nicht existieren, wenn es O´Leary und oder Helios nicht gebe.
Fliegen wurde mit Erscheinen von Großraumflugzeugen ab Anfang der 1970er und weiteren Entwicklungen zum Massentransportmittel. Ob die Preise „zu hoch sind“, vermag ich nicht zu beurteilen, da für eine Leistung auch Geld verlangt und der „Wert“ einer erbrachten Leistung deutlich wurde. „Fliegen musste leistbar werden“. Jede Bäckerfrau hat „früher mal“ mehr verdient als heute und sparte eben ein wenig für eine Reise. Sie konnte aber gut leben, mit VW Golf 2, normaler Miete, stabilen Stromkosten, drei verschiedenen Telefonen der Bundespost zur Auswahl. Heute werden zwar ab und an 4,99 Tickets angeboten (also billig genug bei einen Stundenlohn von 6 Euro und weniger bei der erbrachten Leistung der Bäckereifachverkäuferin), aber dafür kann sich die Frau auch Wohngeld zur Aufstockung ihres Lohnes holen, sollte sie nicht falschen Stolz haben und sich schämen (davon gibt es auch genug). Die Auswahl ist riesig, 10.000 Tarife, Angebote etc. und dennoch pusten viele aus ihren Löchern bzw. erfolgt der Konsum größtenteils mit nicht mehr real vorhandenem Geld. Es wird Konsum generiert, der mittelfristig nicht mehr finanzierbar ist. Und jetzt kommt der Luftverkehr, der ja nicht in einer separaten Welt stattfindet.
1993 habe ich bei Lufthansa Super Flieg & Spar gebucht, 333 DM. Dafür jobbte ich. Ich empfand dies als günstig für mich, mehr als 30 Stunden gejobbt und gerne zahlte ich im Büro, bekam mein Ticket und ab ging es nach London in der damals recht neuen A320 von Lufthansa und zwei Wochen bei Bekannten eingenistet.
Durch Deregulierung von Märkten hat (zumindest in Europa) der Service für die Masse insgesamt nachgelassen, die Streckennetze haben sich enorm verändert und der Kostendruck ist so hoch, dass man oft nur über Faktoren, die mit Flugbetrieb nichts zutun haben, Kosten sparen kann. Am Ende werden günstige Tickets angeboten, die den Wert einer solchen Leistung nicht widerspiegeln, gleichwohl aber suggerieren, dass nun auch ein Hilfsarbeiter dreimal im Jahr nach Dubai könnte (mal stark übertrieben). Leistung (auch die eigene) wird nicht mehr richtig gewertet und es ist eine beunruhigende Entwicklung, dass ich für eine Reise von Deutschland nach Zypern eventuell weniger zahle als mein monatlicher Abschlag für Strom.. Da ist ein Ungleichgewicht zwischen Leistung und Konsum. Die europäische Wirtschaft in den 1980ern war aus meiner Sicht erheblich nachvollziehbarer und preisstabiler. In den 1980ern zahlte man für einen Flug von Hamburg nach Amsterdam auch entsprechend mehr als für eine Busfahrt oder Zugreise. Dafür war der Service solide, die kleine 737-200 von Lufthansa oder DC-9 von KLM reichte und es gab ein Frühstück an Bord, na ja, später ein Gatebuffet, aber dies verwechselten viele mit einem Supermarkt und Lufthansa stellte ein: Finger reichen, Hand wird abgerissen, dies erklärt auch teilweise, warum es eine Servicewüste hier in Schland ist, mit Service muss man auch umgehen können. Habe fast zehn Jahre im Service gearbeitet – nicht mal einen Keks haben viele verdient. Da genoß ich die Servicekultur in Japan und nahm nicht gleich alles mit, was im Angebot war.
„Das goldende Zeitalter“ (The Golden Age) war mal, da können noch so viele 777 oder A380 durch die Gegend fliegen. Rückblickend ging es einer stinknormalen Familie 1987 „besser“ als heute, die zwar nicht jedes Wochenende zum Kuchen nach Wien fliegen konnte, dafür aber einmal im Sommer mit Hapag-Lloyd, LTU, Condor oder Aero Lloyd nach Palma de Mallorca flog und wenn möglich war, im Winter noch in die Alpen.
Durch sehr niedrige Preisstukturen werden Kundenschichten angesprochen, die einst für Fluggesellschaften nicht relevant waren. Dies spiegelte sich dann auch bei der Vielfalt der Flugzeuge wider. Es reichte eine Saab 340, Fokker 50 am morgen von XX nach Frankfurt. Da saßen Geschäftsleute drin und ein paar Privatreisende, die Anschluss in FRA hatten. Nachfrage und Angebot wurde über „realistische“ (na ja, schon ausreichend hohe) Tarife generiert und so waren meine Reisen als Kind z.B. nach Japan etc. ein besonderes Erlebnis.
Transavia gibt es ja als Unternehmen schon sehr lange (die flogen u.a. mal Caravelle!), Germanwings ist sicherlich eine Reaktion auf verändernde Märkte und Vueling ersetzt meiner Überzeugung nach u.a. Volumen der Iberia, die heute nur noch ein Schatten ihres Erfolges ab der zweiten Hälfte der 1990er ist und derart viel eingestellt hat. Daran ändern dann auch neue A330 oder Iberia Express nichts. Schaut man sich einen IB-Flugplan von 1999 an dann war das Angebot sehr attraktiv und bis 1999 bediente Aviaco auch Routen, die für sich genommen defizitär, aber aus „social obligation“ notwendig waren.
Rein nach wirtschaftlichen Erwägungen operierende Fluggesellschaften schaffen zuerst mehr Volumen und niedrigere Preise. Dann kippt es aber, weil Airlines nur noch dort sind, wo Geld gemacht werden kann. Dann gehen viele Routen verloren, es wird zusammengelegt, ein erbarmungsloser Verdrängungswettbewerb beginnt und keine Abstimmung findet mehr statt.
Schaut Euch mal das aktuelle Ergebnis der US-Deregulierung seit 1978 an. Zuerst hatte es wunderbare Effekte, später ernüchternd. Viele Städte verloren Anschluss, die Vielfalt nahm ab, einige ganz wenige US-Linien kontrollieren mittlerweile die Mehrheit des gesamten US-Verkehrs! Flugpreise sind dort höher, wo dann in so einem Wettbewerb nur noch ein Unternehmen unterwegs ist und alles kontrolliert. Freier Markt ist Verdrängung und nicht die beste Wahl gewinnt, sondern die flexibelste und gierigste Lösung. Sonst würde ja auch kleine Unternehmen ihren Platz im EU-Luftverkehr haben, aber mittlerweile fallen sie nach und nach von der Klippe.
In Europa nimmt Vielfalt auch ab, regionale Gesellschaften verschwinden, einige wenige Unternehmen kontrollierendie Mehrheit unter dem Deckmantel von mehr Auswahlmöglichkeit.
Ich übertreibe mal: Mitte der 1990er konnte man (mit allen Fehlern und zu viel Euphorie) in Spanien nicht nur bei Iberia oder Aviaco ein Ticket für einen Inlandsflug buchen, sondern wegen Marktöffnung auch Linienflüge bei Oasis, Centennial Airlines, Spanair, Air Europa usw..
Ich glaube, dass die Vielfalt heute in Spanien eher geringer geworden ist.
Lufthansa muss sich auch den Veränderungen stellen und zumindest suggerieren, welches Potential überall steckt. In Wirklichkeit sind es Verschiebungen. Früher dachte man eher an Lufthansa oder Thai, wenn man nach Bangkok wollte, heute kann man doch auch günstiger Emirates buchen. Dadurch verschieben sich Passagierströme.Mittelfristig wird Europa sowieso eher gesättigt sind (und die Bevölkerung nimmt ja ab). Darum sind die stark wachsenden Märkte (Nachholbedarf) in anderen Regionen zu finden, aber auch da wird esDämpfer geben. Die VR China ist zum Beispiel instabil.
LG